Aufmacher-III

NACHGEFRAGT #1: Wie geht es Ihnen in der Corona-Krise?


2. April 2020

Seit mehr als zwei Wochen müssen viele Geschäfte geschlossen bleiben. Was das für die Wirtschaft bedeutet, ist bis jetzt noch nicht absehbar.
ANDREA HARRIS hat nachgefragt, wie es den Unternehmerinnen und Unternehmern in der Krise geht und wie sie die herausfordernde Zeit meistern.

Uhrmachermeister Hübner

Andrea Daum-Hübner und Astrid Stüger-Hübner leiten das Familienunternehmen Uhrmachermeister Hübner in vierter Generation und führen auch eine Jaeger-LeCoultre Boutique in unmittelbarer Nachbarschaft des Stammhauses. Die beiden Schwestern kennen sich mit hochwertigen, mechanischen Uhren bestens aus und bieten in allen Stores (Wien, Linz, Wels) ein außergewöhnliches Portfolio an bedeutenden Uhrenmarken und hochwertigem Schmuck an. 

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Astrid Stüger-Hübner und Andrea Daum-Hübner © Nathan Murrell

• Wie geht es Ihnen, was sind derzeit Ihre größten Sorgen und Herausforderungen? Die komplette Schließung von 4 Handelsstandorten ist wohl die größte Herausforderung, die wir uns vorstellen können.  

• Wie motivieren Sie, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? 
Über eine Whats App-Gruppe teilen wir unseren neuen Alltag miteinander, was mitunter zu originellen Erkenntnissen führt.

• Mussten Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder können diese im Home Office arbeiten? 
Ja, alle unsere Mitarbeiter sind zur Kurzarbeit angemeldet. 

• Was bereitet Ihnen Freude und lässt Sie den Humor nicht verlieren? 
Der besonders intensive Familienkontakt, das gemeinsame Kochen und die teilweise wirklich lustigen Posts.

• Was stärkt Sie, was gibt Ihnen Kraft, was nimmt Kraft? 
Unser gestriges Erfolgserlebnis: Wir haben es geschafft einer Kundin, die am Samstag Geburtstag feiert, ihre Geburtstags-Uhr noch zeitgerecht zu liefern! 

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Das Stammhaus am Wiener Graben © Nathan Murrell

• Was haben Sie in den letzten Tagen getan, das Sie schon längst hätten tun wollen? Im Geschäft: Die Schreibtische mal richtig aufgearbeitet und aufgeräumt!
Privat: Andrea Daum-Hübner: Eine Trainingseinheit mit meiner Tochter gemacht und Kaiserschmarrn gekocht 😉
Astrid Stüger-Hübner: Ich habe den Garten frühlingsfit gemacht! So zeitig im Jahr wie sont nie! 

• Welchen positiven Aspekt können Sie der Corona-Krise abgewinnen, was haben Sie jetzt schon daraus gelernt? 
Sich mehr Zeit zum Telefonieren mit Freunden nehmen, vor allem mit jenen, die man schon lange nicht mehr gehört hat. 

• Wie machen Sie weiter? Wie lange werden Sie brauchen, um wieder auf „normal“ zu fahren? 
Diese Entscheidung liegt leider nicht in unseren Händen. Wir hoffen auf positive Entwicklungen und sind dann mit voller Energie dabei.

• Welches Produkt aus Ihrem Sortiment begleitet Sie durch die Krise? 
Jeden Tag eine andere meiner schönen Uhren, ein bisschen Normalität muss auch sein.

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Reverso Tribute Duoface © Jaeger-LeCoultre

• Gibt es etwas, das Sie an dieser Stelle gerne loswerden möchten?
Ja, in erster Linie Covid-19


Nägele&Strubell, Le Parfum & Kussmund

Dr. Marion Faber-Oelschlägel ist Geschäftsführerin der Parfümerien Wiener Hofparfümerie Nägele & Strubell, Le Parfum Wien und Kussmund. Schönheit, Luxus, Vergnügen – das sind die Wurzeln des Familienunternehmens. Die kunstaffine Beauty-Expertin hat vor zwei Jahr das Projekt „Kunst und Schönheit“ ins Leben gerufen und lädt alle ein, sich mit dem jetzigen Geschehen künstlerisch auseinander zu setzen.

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Dr. Marion Faber-Oelschlägel © Georg Schlosser

• Wie geht es Ihnen, was sind derzeit Ihre größten Sorgen und Herausforderungen?
Mir geht es gut, aber ich habe auch eine privilegierte Lebenssituation am Land mit Garten und sehr freundlichem Lebensumfeld.
Meine größte Sorge ist, dass meine Familie, Freunde und Mitarbeiter gesund bleiben. Und dann kommt lange nichts, erst dann der nicht so unterhaltsame wirtschaftliche Aspekt für die nächsten Monate.

• Wie motivieren Sie, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Wir motivieren einander gegenseitig, telefonieren viel, und meine Mitarbeiterinnen haben in Eigenregie ein Video gedreht, dass unter anderem zum Kauf bei uns, und überhaupt bei österreichischen Unternehmen, einlädt. So etwas motiviert mich dann richtig!

• Mussten Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder können diese im Home Office arbeiten?
180 Menschen in Kurzarbeit, mein Stiefsohn = Geschäftsführerkollege und ich arbeiten im Home Office.

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Schönheitsspezialitäten in der Wiener Habsburgergasse © Kussmund

• Was bereitet Ihnen Freude und lässt Sie den Humor nicht verlieren?
Das Video unsere Mitarbeiter zum Beispiel. Außerdem habe ich mir das Motto: „Gute Laune ist Pflicht“ (Simone de Beauvoir) verordnet.

• Was stärkt Sie, was gibt Ihnen Kraft, was nimmt Kraft?
Siehe oben, und Spaziergänge mit meinen Hunden haben wunderbar therapeutische Wirkung.

• Was haben Sie in den letzten Tagen getan, das Sie schon längst hätten tun wollen?
Das erste Mal zu Hause Haare gefärbt, mit Assistenz meiner Tochter  😉

• Welchen positiven Aspekt können Sie der Corona-Krise abgewinnen, was haben Sie jetzt schon daraus gelernt?
Ich beginne mir schon selber Handlungsanleitungen zu schreiben, damit ich ja nicht vergesse, was mir jetzt wichtig ist: Ungestresste Telefonate mit Freunden, in Ruhe kochen, ausreichend schlafen.

• Wie machen Sie weiter? Wie lange werden Sie brauchen, um wieder auf „normal“ zu fahren?
Ich habe keine Ahnung – aber ich weiß auch noch nicht genau, wie mein „normal“ in Zukunft aussehen soll.

• Welches Produkt aus Ihrem Sortiment begleitet Sie durch die Krise?
Ich mag unsere Produkte, keine Frage – aber nichts davon ist jetzt lebensnotwendig (und mein Vorrat reicht noch ein Zeiterl)

• Gibt es etwas, das Sie an dieser Stelle gerne loswerden möchten?
SEID WESENTLICH!!!!


Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei Holztrattner

Dr. Michael Happel ist geschäftsführender Gesellschafter der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei Holztrattner (das Unternehmen wurde vor über 30 Jahren von Dkfm. Karl Holztrattner gegründet). Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer setzt gemeinsam mit Dr. Felix Hammerschmidt und einem Team langjähriger, versierter Mitarbeiter auf vertrauensvolle und stabile Klientenbeziehungen.

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Dr. Michael Happel © Michael Parak

• Wie geht es Ihnen, was sind derzeit Ihre größten Sorgen und Herausforderungen?
Ich schaue auf die Uhr, es ist 21.00 Uhr, Montag 30. März. Wir stehen mittlerweile am Anfang der dritten Woche seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen und der zahlreichen von unserer Bundesregierung per Gesetz verordneten Unternehmens-Schließungen. Eben habe ich die letzte Mail für heute von gefühlt 1.000 Mails beantwortet. Das Handy ist mittlerweile Teil des linken Ohrs geworden. Ich gönne mir ein drittes Red Bull – zuckerfrei, man soll sich ja gesund ernähren. Meine Mitarbeiter haben zwei ereignisreiche, von einer Flut an Anfragen geprägten Wochen hinter sich gebracht. Die Hauptthemen in den letzten Tagen waren das zwischen den Sozialpartnern vereinbarte Kurzarbeits-Modell, die teils noch sehr bürokratischen AWS-Förderungen und seit letzter Woche die Auszahlungen aus dem sogenannten Härtefonds 1.

Ich nehme einen Schluck Red Bull und denke, „bei uns gibt es keine Kurz-Arbeit, sondern eine kaum zu bewältigende Viel-Arbeit. Unsere Klienten wurden von der Flut an neuen Regelungen, Vorschriften, Anforderungen seitens der Behörden und Förderstellen regelrecht überrollt, und ja klar, wen ruft man an: seinen Steuerberater. 

Zusätzlich hatte ich den Spagat zu bewerkstelligen, einerseits unsere Klienten gerade in den Zeiten der wirtschaftlichen und existentiellen Herausforderungen nicht im Stich zu lassen, andererseits muss ich auch auf die Gesundheit und Bedürfnisse meiner Mannschaft achtgeben. Zum Glück sind meine Mitarbeiter, vor allem in der Führungsriege wirklich abgebrühte „alte“ Hasen, die so schnell nichts aus der Ruhe bringen kann. Wir haben einen exzellenten IT-Betreuer, mit dem wir es relativ rasch schafften, unsere Infrastruktur großteils auf Home-Office umzustellen und nur einen Notbetrieb in der Kanzlei mit einigen wenigen Mitarbeitern zu installieren. Aber trotzdem: Die letzten Tage und Wochen waren eine organisatorische, mentale und psychische Herausforderung, die ich bis dato noch nicht erleben musste. 

Ein wenig Sorgen mache ich mir gerade auch um die Zahlungsmoral unserer Kunden. Viele haben schlichtweg kein Cash, um unsere Honorarnoten zu zahlen, und ich muss ja meine Mannschaft bezahlen, zudem kriegen sie Prämien die mich das Doppelte kosten von dem, was ihnen in der Geldbörse bleibt. Aber das ist es mir wert! 

Ich mache das 4. Red Bull auf, versprochen es wird das letzte heute sein, und denke: was soll‘s, wir müssen in Wahrheit froh sein, dass unsere Kanzlei Arbeit hat. Andere haben null Umsätze und denen geht es wirklich dreckig, wobei ich hier die „ehrlichen“ Unternehmer meine (ich schätze 80–90%), nicht jene die auch schon in den letzten Jahren fast nur noch vom Staat, den Gläubigern und sonstigen Stellen gelebt haben, die tun mir Null leid. Ich bin trotz aller Unsicherheiten stolz, dass wir in der Geschäftsleitung entschieden haben, dass sämtliche unserer Beratungsleitungen welche diese Corona-Krise betreffen, nicht gesondert in Rechnung gestellt werden. Unsere Kanzlei hält das aus und wenn dieses verdammte Virus besiegt ist, werden sich unsere Klienten daran erinnern. Ich sage mir immer wieder, 80% werden sich erinnern, und die restlichen 20% werde ICH erinnern.

• Wie motivieren Sie, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Erstaunlicherweise muss ich meine Mitarbeiter in der derzeitigen Phase, die durch Unsicherheit, Ängste und kaum bewältigbaren Arbeitsstress geprägt ist, null motivieren. Meine Mannschaft ist sowas von cool und erfahren! Das lässt sie die derzeitige Lage (noch) bewältigen. Zudem habe ich Abteilungsleiter, die ihr Team entsprechend anweisen, unterstützen und versuchen, das Arbeitsvolumen entsprechend abzuarbeiten. Kurz und gut: Die Mannschaft von Holztrattner ist Weltklasse, deswegen werden wir gemeinsam und für unsere Klienten diese Krise überstehen.

• Mussten Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder können diese im Home Office arbeiten?
Wir haben Viel-Arbeit statt Kurz-Arbeit.

• Was bereitet Ihnen Freude und lässt Sie den Humor nicht verlieren?
Freude bereitet mir, wenn sich unsere Klienten bei meinen Mitarbeitern für deren Einsatz bedanken. Den Humor verliere ich unter anderem dann nicht, wenn mir einer unserer Abteilungsleiter (natürlich nur im Spaß) mitteilt dass er einen Betriebsrat bei Holztrattner installieren wird, er Betriebsratsvorsitzender wird und eine Erhöhung der Gehälter um 100% aufgrund der Mehrarbeit verhandeln möchte. 

• Was stärkt Sie, was gibt Ihnen Kraft, was nimmt Kraft?
Meine Mannschaft stärkt mich, meine Klientenschaft (zu 90%), die in dieser beispielhaften Krise unfassbar stark und kämpferisch ist, gibt mir Kraft.

• Was haben Sie in den letzten Tagen getan, das Sie schon längst hätten tun wollen?
Ich habe trotz der Ausgangsbeschränkungen mein Auto (Baujahr 2000, Audi A8) zum Service und Pickerl gefahren. Die Werkstatt gehört einem Klienten von uns und der braucht den Umsatz, weil kaum Geschäft da ist. Dass diese Leistung fast einen Wochenumsatz der Werkstatt kostet, war dann doch etwas ernüchternd J

• Welchen positiven Aspekt können Sie der Corona-Krise abgewinnen, was haben Sie jetzt schon daraus gelernt?
Ich weiß keinen positiven Aspekt.

• Wie machen Sie weiter? Wie lange werden Sie brauchen, um wieder auf „normal“ zu fahren?
Ich denke, dass die Beschränkungen noch lange dauern werden, Minimum 3 Monate. Ich hoffe, dass die Bundesregierung hier alles richtig macht und sich die Bevölkerung an die Vorgaben der Regierung hält. Jeder, der jetzt eine sogenannte „Corona-Party“ veranstaltet, gefährdet dieses Projekt und ist schuld an Toten und der Insolvenz von Unternehmen, die nicht aufsperren dürfen.

• Gibt es etwas, das Sie an dieser Stelle gerne loswerden möchten? 
Ich plädiere dafür, dass auch die Corona-Prämien an Mitarbeiter einer STB-Kanzlei gänzlich steuerfrei gestellt werden. Denn ich sehe nicht ein, dass meine Mannschaft wie verrückt arbeitet und Arbeitsplätze sichert, indem sie die Klienten bei den Kurzarbeits-Anträgen, etc. unterstützt, sie dafür natürlich Prämien kriegt und jeder Euro mich 2 Euro kostet.

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