WIENER SCHNECKE AUF DER ÜBERHOLSPUR
Es ist Samstag Mittag im Wiener Stadtpark. Das Genussfestival läuft auch am zweiten Tag auf Hochtouren. Die Sonne steht hoch. Auf der sonst so idyllischen Grünfläche im ersten Wiener Gemeindebezirk tummeln sich die Massen.Hier mache ich das erste Mal Bekanntschaft mit der Weinbergschnecke als Delikatesse!
Viele Besucher sind auf der Suche nach einem geschmacklichen Orgasmus. Sie sind sich einig, bei den meisten Ständen auf echte Schmankerl zu stoßen. Doch vor dem Stand des Wiener Jungbauern Andreas Gugumuck, teilen sich die Meinungen.
Mit dem Banner „Wiener Schnecken“ wird für Aufsehen gesorgt. „Im ersten Jahr haben die Leute ‚Schnecken’ gelesen, das Gesicht verzogen und einen Bogen um uns gemacht. Jetzt stehen sie Schlange“, meint Gugumuck lachend.
Kaum zu glauben, dass das heutige Erfolgsunternehmen als ein Hobby begonnen hat. Obwohl es für die Schnecke als „Future-Food“ noch keinen Markt gab, entschied sich Andreas 2008 der IT-Branche den Rücken zu kehren und die alte Tradition wieder hochleben zu lassen.
„Unsere Vision ist, gesündere Nahrungsmittel der Zukunft zu erzeugen, die ökologisch und ethisch vertretbar sind.“ Für seinen mutigen Ansatz wurde Andreas Gugumuck im Europäischen Parlament zum „Best Young Farmer of Europe“ ausgezeichnet.
Dass die Weinbergschnecke in Wien Tradition hat, weiß heute kaum jemand. „Man hat in Wien mehr Schnecken gegessen als in Paris. Das war nämlich eine klassische Fastenspeise bei uns.“ Für Mönche und Gläubige waren die Tiere eine gefundene Abwechslung in der Fastenzeit, da um Fleisch und Fisch ein Bogen gemacht werden musste.
Die österreichische Hauptstadt war bis Anfang des 20. Jahrhunderts eine Hochburg für Schneckenliebhaber. Die Weinbergschnecke gehört zu den ältesten Lebensmittel der Menschheit. Ein Kilo enthält viermal mehr Proteine als ein Kilo Rindfleisch, für das man sieben Mal so viel Futter benötigt.
„Wenn man eine Millionen Jahre zurückgeht, haben die Menschen das gegessen, was sie mit der Hand fangen konnten – Insekten, Kaltblütler. Wir sind zum Menschen geworden, weil wir sehr viele Kaltblütler gegessen und dadurch den eigenen Schilddrüsenhormonhaushalt aufgebaut haben.“
Gezüchtet wird die Wiener Schnecke im Familienbetrieb in Rothneusiedl. Der Hof wird seit Generationen weitergegeben. Die Schneckenzucht ist seit 2009 neuer Bestandteil. Seit einigen Jahren exportiert Gugumuck seine Schneckenperlen auch bis nach New York.
Er bietet das proteinreiche Nahrungsmittel in köstlichen Variationen an. Darüber hinaus gibt es in der Showküche des Hof-Bistros wechselnde Schnecken-Menüs.
Für Interessierte lohnt sich ein Besuch auf der Schneckenfarm. Sie befindet sich im Süden Wiens, in der Rosiwalgasse 44
Weiter Infos unter gugumuck.at
Wiener Schnecke Showküche
Küchenchef Dominik Hayduck, kredenzt in der offenen Showküche ein monatlich wechselndes 6-Gang-Menü mit saisonalen Zutaten. In dem Hof-Bistro gibt es einen Cheftable mit 8-10 Plätzen und 5 Tische zu je 4 Plätzen. Es hat nur an ausgewählten Tagen im Monat geöffnet. Deshalb ist eine rechtzeitige Reservierung notwendig.
Infos & Anmeldung: hier
Wer noch auf der Suche nach einer perfekten Überraschung für Gourmets ist, wird im Web-Shop sicher fündig.
Mitarbeit: Phoebe Baumann