Lilli-Montage-FINAL

IM GESPRÄCH: LILLI VON REUTTER

Wenn Donald Trump Dinner-Partys schmeißt, die Queen private Get-togethers zelebriert, Francesca Habsburg Dubrovnik rockt und Gloria Thurn und Taxis ihrem Mann eine Riesenparty mit Torte beschert – ja, die Torte – führt seit 40 Jahren eine Österreicherin Regie. LILLI VON REUTTER plant die Events und sorgt dafür, dass alles nach Plan läuft.
VONsociety: Lilli von Reutter

Lilli von Reutter © Joseph Gasteiger

Feste, die sie organisierte, sind wie aus einer anderen Welt. Sie zieht auch heute noch die Fäden bei internationalen Events. In ihrem globalen Netzwerk, das sie sich im Laufe der Jahre aufgebaut hat, gelten Lillis Dinner Partys nach wie vor als eine der begehrtesten Einladungen.

Selbst ihre kleinen Fauxpas hatten internationales Format, wenn sie Trumps Schwiegermutter für die Putzfrau hielt oder ihren Hofknicks mit dem Rücken zur Queen vor der falschen Tür gemacht hat. Zwischen britischen Royals, New Yorkern und Palm Beach Society, sowie Europas alten Familien bewegte sie sich jahrelang meistens außerhalb von Österreich.

Die Kärntner Heimat war immer weit, zu weit weg. Bis sie dann endgültig das Heimweh und die Sehnsucht nach der Familie packte, sie einen alten ziemlich verfallenen Bauernhof in Klein St. Veith kaufte und – auch mit eigenen Händen – wieder aufbaute. Um dann das Ganze mit ihrer Kreativität zu erfüllen und es auch Menschen zur Verfügung zu stellen, die es nützen wollten. Mit ihr ist natürlich ein Teil der großen Welt in diese versteckte Kärntner Ecke gekommen. Nur einmal im Jahr macht sie auf dem Hof ihr eigenes Fest – das „Fest der Sinne“.
Dort ist immer ein Mix aus der begehrten Mischung – alte europäische Namen mit nicht mehr ganz neuem Geldadel der East Coast – zu treffen. Dabei wird, oft zu einem guten Zweck, von Menschen mit alten Namen hochwertiges Neues ausgestellt.

ANGELIKA WALDSTEIN-WARTENBERG: Aufgewachsen in Kärnten, warst du dann in der ganzen Welt zuhause. Was bedeutet für dich Heimat?
LILLI VON REUTTER: Heimat waren für mich immer meine Eltern.

Nur deine Eltern, die schon gestorben sind? Bist du jetzt heimatlos?
Überhaupt meine ganze Familie, auch die Geschwister und ihre Kinder sind für mich Heimat. Weniger beziehe ich das auf Grund und Boden oder auf Häuser.

Ist dir denn das als Kind auch schon bewusst gewesen oder hängt man da eher sehr an einem Baum, an einem Stein, der vielleicht auch noch eine bestimmte Zeichnung hat. Ist das nicht auch ein Teil von Zuhause?
Nein, ich erzähl dir: Also wir haben eine Kinderfrau gehabt, unsere Nanny, die war zeitlebens da und immer wenn wir furchtbar schlimm waren, hat sie gedroht, wegzugehen. Das war für uns die schrecklichste Idee, denn sie war wie eine zweite Mutter. Sie war nie weg, sie war immer da. Wenn wir krank waren, ist sie an unserem Bett gesessen. Da hab ich sehr bald kapiert, dass zu Hause mit den Menschen, die dir Sicherheit und Geborgenheit geben, zu tun hat. Das ist es!

Also mütterlicherseits bist du eine Goëss. Das ist eine sehr verzweigte Familie, die auch wirklich sehr zusammenhält.
Ja, eine Familie die sehr zusammenhält und sich auch gegenseitig immer sehr stützt. Alleine, wenn ich denke, wie die Tante Mani (Anm.: Sayn-Wittgenstein, eine Cousine ihrer Mutter) immer wieder allen möglichen Nichten und Neffen weiterhilft. Sie kennt ja wirklich sehr viele Menschen in der Welt und hat dadurch auch Möglichkeiten, einem Wege zu zeigen. Sie ist immer für einen da, wenn man sie braucht. Durch diese riesige Familie habe ich eine herrliche Kindheit haben können. Ich war immer am Bauernhof, auf den Feldern und beim Ernten. Mit elf Jahren hab ich gelernt, Traktor zu fahren, durfte im Silo eintreten und war beim Heu-Einführen dabei. Zur Verzweiflung der Eltern, denn kaum war ich von der Schule Zuhause, war ich auch schon draußen am Hof und hab gemacht und getan.

VONsociety: Bauernhof von Lilli Reutter

Lillis Bauernhof in Kärnten

Woher kommt die Familie von deinem Vater, die sind eigentlich nicht österreichisch?
Das ist eine deutsche Familie aus Sachsen. Mein Ur-Großvater Reutter hat die „Steirische Elektrizitäts-Gesellschaft“ gegründet. Dadurch haben wir, solange meine Großmutter gelebt hat, Strom vollkommen umsonst bekommen. Und als sie gestorben war, haben wir das erste Mal unseren Stromverbrauch realisiert. Mein Vater hat damals festgestellt, dass unser Haus in seinem Stromverbrauch einer kleinen Fabrik gleichkommt. Es wurde sogar mit Strom geheizt. Die Lichter haben immer alle gebrannt. Dann ist die erste Stromrechnung gekommen und es ist bei uns die pure Panik ausgebrochen. Gott sei Dank hat es noch die alten Kachelöfen gegeben. So bin ich dann zum Heizer geworden.

Warum du, als doch die jüngste?
Warum? Das könnte ich heute gar nicht mehr sagen. Ich war damals so 13 oder14 Jahre alt, bin immer in der Früh aufgestanden und hab die ganzen Kachelöfen geheizt. Wenn dann der Rest der Familie wach geworden ist, war schon alles warm. Das hab ich wahrscheinlich gern gemacht. Ich kann mich an den Grund nicht mehr erinnern. Jedenfalls war ich wahnsinnig stolz, wenn alle aufgestanden sind, und es war das ganze Haus warm.

Wahrscheinlich das meranische Mutter-Gen in dir. Das ist doch sehr stark in dieser Meran-Mayr-Melnhof-Goëss-Blase?
Ja, aber ich find, bei mir kommt schon sehr das künstlerische meiner Großmutter Meran heraus. Sie hat ja auch sehr gut gemalt, gezeichnet. Und dann natürlich schon auch ihr Haus organisiert.

Lilli 02FreitagDinner-0003

Eine von Lillis eleganten Demos @ LvR

Wenn du dich zurück erinnerst, was war deine allererste Kindheitserinnerung?
Kann ich dir genau sagen. Das war eine Reise mit meinen Eltern, zur Hochzeit eines Onkels nach Deutschland. Da muss ich so ungefähr vier gewesen sein. Und eigentlich hätte meine ältere Schwester Leili die Brautjungfer sein sollen. Sie war aber schon in der Schule und konnte deshalb nicht hinfahren. Dann hat es zu ihrer großen Wut und Beleidigung geheißen, ich soll an ihrer Stelle fahren. Ich erinnere mich noch sehr genau an die wirklich weite Fahrt mit dem Auto, die ja für Kinder immer elend ist. Dann an das große unheimliche Hotel, in dem ich kurz verloren gegangen bin, weil ich nicht schlafen konnte und begonnen habe, meine Mutter zu suchen.
Dann weiß ich noch ganz, ganz genau das Hochzeitsessen! Es hat nicht nur uns kleine Kranzlkinder gegeben, sondern auch so große 18jährige. Man hat uns mit denen an einen Tisch gesetzt und das war schrecklich, weil die ständig gefunden haben, sie müssen uns erziehen. Es hat Fleisch gegeben, dass ich irgendwie einfach nicht essen konnte und die Großen haben angefangen darüber zu streiten, ob ich das Fleisch essen muss oder eben nicht. Hilfesuchend habe ich immer zu meiner Mutter geschaut, die an der Brauttafel saß, und mich natürlich nicht gesehen hat. In meiner Verzweiflung hab ich so gehofft von ihr Hilfe zu bekommen. Aber sie hat nicht hergeschaut.
Die schöne Hochzeit hat natürlich schon Eindruck bei mir gemacht. Die vielen Blumen, die Braut, die vielen Hüte, die eleganten und bunten Kleider der Damen. Der Geruch der Blumen und die Sonne hat alles so hell gemacht, alle waren fröhlich, ein Fest, ein riesiges Familienfest eben.

Du hast doch überhaupt als allererste dieses Kreative, fast bühnenbildhafte in Feste und Hochzeiten gebracht. Durch dich ist das erst „in fashion“ gekommen. Hat dich diese, deine erste Kindheitserinnerung dazu inspiriert? Hast du dir damals, mit vier, gedacht, na, das würde ich einmal gern dekorieren und auch so schön machen. Ist das vielleicht auch bisserl der Grund, warum es dich letztlich in diese Ecke gezogen hat?
Das hat sich alles später erst ergeben, eigentlich immer zufällig. Aber who knows, was einen dann eigentlich wirklich dort hin bringt, wo man dann letztlich ankommt.

VONsociety: Lilli von Reutter Deko für Young President' Organization

Ein Fest für die Young Presidents‘ Organization © LvR

VONsociety: Lilli Reutters Kunstfest für die Young Presidents' Organization

Blick von oben: Kunstfest für die Young Presidents‘ Organization © LvR

Waren deine Eltern sehr streng mit dir?
Ja! Vor allem mein Vater.

In welcher Richtung?
Wie soll ich sagen, ich glaub er war sehr militärisch in seiner Erziehung. Als Kind war es diesbezüglich schon eine schwere Zeit, heute bin ich ihm sehr dankbar für seine Strenge.

Eine schwere Zeit war’s für dich, warum?
Meinen Vater haben wir nur am Wochenende gesehen. In der Früh sind wir mit ihm in die Schule gefahren, am Abend ist er müde nach Hause gekommen. Da haben wir natürlich Angst gehabt, dass er schlecht gelaunt ist. Sind deshalb möglichst schnell in unsere Betten verschwunden und haben ihn dann nur am Wochenende richtig erlebt.
Am Wochenende hat er es geliebt, klassische Musik zu hören und hat uns dann geprüft welche Komponisten das sind. Ich war immer schon in Panik vor dem Sonntag, weil ich überhaupt keine Ahnung gehabt habe. Ich wusste, ich werde es wieder nicht wissen.
Und er war immer gleich so ungeduldig „… das muss man doch hören, … letzten Sonntag haben wir das doch auch schon gehört … und jetzt weißt du’s schon wieder nicht …“ Zu Mittag hat er immer alle gefragt, wie die Woche war. Und ich als Jüngste von uns vieren bin als letzte drangekommen.
Und es hat ihn gelangweilt so Geschichten anzuhören von so einem ganz kleinen Kind, dass dann auch noch schlecht erzählt. So bin ich immer gleich gekuscht worden. Später ist mir klar geworden, warum ich eben so eine Scheu hab vor einer größeren Gruppe von Menschen zu reden. Es ist immer noch nicht ganz weg. Ich bin nicht jemand, der eine Runde anführt im Gespräch.
Erst in meiner Zeit in Amerika hab ich wirklich gelernt meine Schüchternheit zu bewältigen. Wenn man eingeladen ist zu irgendeinem Cocktail und nur die Hausleute kennt, kann man ja nicht den ganzen Abend an den Hausleuten picken, da hab ich mich dann halt in irgendein Gespräch hinein gemischt. Und gesagt „… hi, I am Lilly, and who are you … (lacht)

Was waren deiner Ansicht nach die wichtigsten Lebensprinzipien deiner Eltern?
Mein Vater hat nie Schulden gemacht und war ein wahnsinnig fleißiger Mensch. Arbeit, das Pflichtbewusstsein, seine Familie zu ernähren. Unter der Woche hat er seine Geschäfte in Graz gemacht. Am Wochenende hat er zu Hause am Hollererhof gearbeitet. Da war die Obsternte und, und, und … ein endloses UND. Einen freien Tag, so etwas hat es in seinem Leben nicht gegeben. Obwohl wir immer Hilfen gehabt haben für die Landwirtschaft.

Aber das musste ja auch organisiert sein?
Ja genau! Es hat Vieh gegeben, Obst, Gemüse, wir haben Brot gebacken vom eigenen Getreide, Marmelade gemacht, hatten Gemüse, Fleisch gehabt … waren totale Selbstversorger. Kompott für den Winter, Eier eingelegt …

Die Strenge deines Vaters hat deine Mutter ausgeglichen?
Nein! Sie hats eher ausgenützt (lacht schallend). Wenn wir schlimm waren, hat sie gedroht, ich werd’s dem Papi sagen. Und ich war ein sehr schlimmes Kind!

Was hast du gemacht?
Wenn ich müde war, darauf warten musste, bis die anderen Geschwister Schule aus gehabt haben, weil meine Mutter uns erst abholte, wenn alle fertig waren, hat sich das nicht in Erschöpfung geäußert, sondern in Aggression. Ich hab begonnen die anderen zu zwicken oder an den Zöpfen zu ziehen! Meine Mutter versuchte sich irgendwie zu wehren. Sie hat gesagt, „okay jedes mal wenn einer den anderen zwickt, beißt oder an den Haaren reißt, dann muss er einen Schilling vom Taschengeld zahlen“.
Ich hatte eine gute Idee, bin zu meiner Sparbüchse, hab 10 Schilling herausgeholt, bin damit strahlend und siegessicher zu meiner Mutter gegangen und hab gesagt: „So, jetzt darf ich zehnmal die Leili beißen!“ – das hat den tollen Plan meiner Mutter total zunichte gemacht.

Bist du deiner Mutter in ihrer Persönlichkeit näher oder deinem Vater?
Ich glaub, dass ich dem Papi ähnlicher bin. Weil ich glaub dass ich ein sehr ehrgeiziger Mensch bin. Ich bin pflichtbewusst, sonst hätte ich wahrscheinlich gar nicht alles das geschafft, was ich geschafft hab. Aber auch meine Legasthenie hat mir da geholfen. Es ist schwer da was über sich selbst zu sagen.

Lilli Zitat 07Wieso hat dir deine Legasthenie geholfen dein Leben erfolgreich zu machen?
Naja, in meiner Schulzeit hat man noch gesagt „… das Kind ist blöd …“, wenn man Legastheniker war, und ich hab auch immer wieder hinter verschlossenen Türen gehört, wie blöd ich bin. So hab ich doch einen sehr großen Ehrgeiz entwickelt. Mir gesagt: „Ich werd’s euch schon zeigen!!!“ Das war sehr mein Drive! Der Motor in meinem Leben!
Meine Eltern haben eigentlich alles was ich gemacht hab abgelehnt und als vollkommen verrückt erachtet. Kreatives erhält einen nicht am Leben, so in etwa. Und ich hab mir gesagt, das andere bin nicht ich und so mach ich’s halt gegen ihren Willen.
Ich bin scheint’s recht willensstark. Vielleicht auch weil ich eine Frühgeburt war, zwei Monate zu früh. Im Winter, mit knapp zwei Kilo. Zu Hause geboren, wie das damals halt so war. Es kamen dann schon eine Hebamme und ein Arzt, aber viel später erst, wie schon alles vorbei war. Mein Kopf war angeblich nicht größer als eine Orange. Aber ich hatte schon damals so eine Kraft, dass sich meine Mutter immer gedacht hat, was wird aus diesem Kind einmal werden. Aber im Positiven!
Ich hab auch eine große Ausdauer und zieh Sachen durch, oft zum Leidwesen meiner Umwelt, weil ich dann durcharbeite ohne jede Pause und die anderen müssen mitmachen.

Du kommst auch aus einer Großfamilie, findest du, dass das System Großfamilie was G’scheites ist oder nicht?
Absolut, was sehr anstrebenswertes! Gerade die Großfamilie ist ein wahnsinniger Halt für jeden. Vor allem auch das Zusammenleben mehrerer Generationen. Meine Großmutter hat mit uns gelebt und jeder hat seinen Anlagen und Kräften entsprechend seine Aufgaben gehabt. Sie hatte die Zeit, uns vorzulesen und Geschichten zu erzählen, auch aus ihrer selber erlebten Zeit zu erzählen. Sie hatte die Zeit mit uns zu lernen, zu spielen. Sie hatte auch viel mehr Geduld als jemand Jüngerer oder die Eltern.
Die Eltern haben in dieser Lebensphase ja keine Zeit. Nicht die Zeit, die eine Großmutter hat. Du lernst auch als Kind einen gewissen Respekt dem Alter gegenüber und lernst die Vorteile einer anderen Generation zu schätzen. Auf Grund dieser Erfahrung auch die Schwächen zu respektieren und nicht, wie heute so oft, zu verachten.
Man muss auch keinen angstvollen Respekt haben, aber eine gewisse Ehrfurcht vor einem lang gelebten Leben kann man ruhig zeigen. Man kann auch durchaus „gut freund“ sein mit älteren Menschen.
So isoliert Kinder in Krippen oder Kindergärten zu stecken und die Alten in Altersheime, das ist schrecklich. In der Familie integriert bleiben, das ist so wichtig, da bleibt man auch geistig viel wacher als wenn man in so ein Altensilo gesperrt wird. Auch die Kinder lernen, in einem mehrere Generationen umfassenderen Gefüge viel besser, sich sozial zu entwickeln.
Man lernt den eigenen Egoismus zu regulieren und auf die Bedürfnisse des anderen einzugehen, im Rahmen des Ganzen und Möglichen, auch die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Anderen zu respektieren und in das Gesamte einzubauen. Weil sonst Zusammenleben ja gar nicht funktioniert und wenn man das im Kleinen nicht lernt, wie soll man das dann im Großen verstehen.
Alles wird theoretisch beurteilt und bearbeitet und nichts mehr durch normal gewachsene Verhältnisse und Erfahrungen. Die Welt steht ja nicht zuletzt am Kopf, weil der Egoismus, in kleinen Kindern schon oft gezüchtet wird, anstatt dass man ihnen zeigt, dass der Weg eigentlich der ist, dass jeder seinen Teil zum Ganzen beitragen muss, damit es funktioniert. Am leichtesten lernt man das halt doch in so einem Mikrokosmos, der die Familie eben ist.
Ich hatte eine Freundin in Amerika, die hat immer gesagt, ich erziehe meine Kinder nur mit einem Satz: „Das was Du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu.“

Gibt es etwas an deiner Persönlichkeit, dass du als typisch österreichisch bezeichnen würdest?
Naja, ich bin ein totales Landei. Ich „spiele gerne Heidi“, trage gerne Dirndl. Ich hab gern die Lederhosen, die österreichischen Traditionen. Ich bin sicher ein Naturmensch.

Nachdem du deine Matura gemacht hast, wie ist es dann weiter gegangen?
Danach bin ich dann nach England. Zuerst aufs Land, um dort bei einer Familie auf ein Baby aufzupassen. Meine Schwester Leili hat in London gewohnt und hat diese Blumensteckschule Constance Spry besucht. Ich am Land mit einem Baby, sie in London: die ist lustig ausgegangen, in die chicsten Clubs und ich … am Land! Da hab ich gefunden, das geht gar nicht! Das ist wahnsinnig gemein, die haben es lustig und ich sitze da draußen, zwar in einem eleganten Rundherum, aber das bringt’s ja auch nicht. Ich war jung! Da hab ich die Eltern so lange angebettelt, bis sie mir erlaubten, das auch zu machen … das Blumenstecken!

VONsociety: Lilli beim Dekorieren

Lilli beim Dekorieren © Schlossseiten

Und so hat alles begonnen?
Ja! Da war ich Anfang zwanzig. Ich durfte bald mit einer sehr chicen und schon sehr bekannten Arrangeurin arbeiten. Wir haben die schönsten Häuser und die tollsten Clubs und natürlich Hochzeiten ausgestattet. Das war sehr spannend!

Du meinst, was so ein Landei da gesehen hat?
Ja, als wir sehr interessante Leute auf einmal in ganz anderer Weise kennen gelernt haben, nämlich nicht nur im Salon sondern als Auftraggeber. Da lernt man schon sehr viel, die Menschenkenntnis betreffend …
Dann bin ich nach einer gewissen Zeit wieder hier her auf den Kontinent und hab für die große Cousinage, die ja alle anfingen zu heiraten, die Hochzeiten arrangiert.
Es war damals was vollkommen Neues, die Blumen auf diese sehr englische Weise zu arrangieren. Dann bin ich mit der Leili zusammen immer mehr auch in Deutschland herumgereicht worden. Außerdem hab ich angefangen immer mehr an mich zu reißen: hab gesagt das Licht muss anders sein, die Tischdecken sind zu kurz und die Sessel scheußlich … und im Anschluss vorgeschlagen auch das ganze Rundherum zu organisieren.
In den ersten Jahren hab ich das vollkommen umsonst gemacht, nur meine Blumen verrechnet. Nach 10 Jahren hab ich aber dann schon gefunden, ich sollte eigentlich Geld dafür kriegen. Immerhin geb ich ja mein ganzes Know-how her.
Mit 25 hab ich mit einer Freundesgruppe meine große Indienreise gemacht. Sechs Freunde sind dreieinhalb Monate durch Indien und Nepal gereist und das hat auch mein Leben sehr geprägt, weil ich nur einen Rucksack, eine kurze Hose, eine lange Hose, einen Rock und paar T-Shirts im Gepäck hatte. Spiegel hast du auch keinen gehabt!
Das war eigentlich die glücklichste Zeit meines Lebens. Es waren die Sachen wichtig die du gesehen hast, was du geredet hast. Wir sind gereist in Bussen und Zügen, auch oben drauf, ein bissl wie in dem Film „Best Exotic Marigold Hotel“. Das war einfach ein riesen Abenteuer!
Es hat mich sehr fasziniert, dass du so glücklich sein kannst ohne nix. Dann bin ich zurückgekommen und hab mir gedacht, ich brauch das ganze Zeug eigentlich nicht. Ich brauch kein Abendkleid und überhaupt … und dann kommen die ersten Feste und Hochzeiten und alle anderen sind schöner als man selber, so wächst man wieder sehr schnell hinein in „ich brauch“!!!

VONsocieety: Lilli Reutter, Deko Hochzeit Maria Thurn und Taxis

Hochzeit Maria Thurn und Taxis © LvR

Und irgendwann ist dir dann doch auch der Kontinent zu eng geworden? Du hast dann sehr bald, dein ganzes erwachsenes Leben in der weiten Welt verbracht?
Naja, ich hab mich entschlossen nach Miami Beach zu gehen.

Davor hast du aber, glaub
ich, noch den Auftrag von der Gloria Taxis bekommen, den gewissen 60sten Geburtstag vom Johannes zu organisieren?

Ja genau, aber …

Na weißt du, DIE Torte damals …
Das wollte ich grad sagen, die Torte hab nicht ich erfunden, die Torte war nicht mein Ressort … Niiiiiiiicht? Nein, nein!! (an unsere Leser: Wenn Sie nicht wissen, was auf dieser Torte war, wir können Ihnen DAS wirklich nicht sagen. Sie wollen es trotzdem wissen? Also gut, googeln Sie es selbst: http://www.focus.de/politik/deutschland/deutschland-das-war-pure-provokation_aid_185433.html
Anderes Thema: Ganz am Anfang hab ich in St. Moritz für den Heini Thyssen, den alten Heini, das goldene Jubiläum vom Corviglia Club organisiert. Damals war er noch verheiratet mit der Denise, ich glaub sie war eine Brasilianerin. Ich habe das zusammen mit meiner Schwester Leili und Sofi Gudenus gemacht.
Wir wollten alles mit in Gold gespritztem Obst und Palmblättern schmücken. Bald bemerkten wir, dass wir nicht genug Goldfarbe hatten, es hat in St. Moritz nicht ausreichend davon gegeben, oder sonst wo in der Schweiz. Wir haben wirklich alles versucht und wir sind immer panischer geworden. Dann kam der Tag vor dem Fest, die Denise war da, um alles anzuschauen. Hat entsetzt gesehen, dass das ganze Obst bunt und nicht golden war, wie es hätte sein sollen. Die Leili und die Sofi sind nur dagesessen und haben Vater unser gebetet … ich bin wie ein kleiner Zwerg herumgesprungen und hab versucht zu erklären warum wir keine Farbe haben. Die Denise hat uns nur groß angeschaut und gesagt „What’s the problem darlings?“
„The color didn’t arrive“, hab ich gemeint und sie sagt: „But darlings, why didn’t you take the plane and go to Milano to buy the paint, why didn’t you take the plane, it is there …“
Wir haben sie nur mit offenem Mund angestarrt. Damals waren wir alle Anfang zwanzig und die Idee einfach den Privatflieger zu benützen, um aus Mailand Farbe zu holen, war natürlich noch recht neu und überraschend. Aber man gewöhnt sich ja an alles! Das heißt aber keineswegs, dass ich nur so arbeiten kann. Ich mach oft mit sehr geringen Mitteln einen wirklich maximalen Effekt.
Beeindruckend war damals auch, dass sicher 250 geladene Gäste da waren und die Denise hat von jedem einzelnen gewusst wo er sitzt. Die Gäste sind angekommen und sie hat gesagt, hallo und du sitzt auf Tisch Nr. 25 neben …. von jedem hat sie das gewusst. Großartig!

Das zeigt doch, dass sie sich wirklich Gedanken um das Placement gemacht hat?
Ja genau, es hat auch keine Liste gegeben das war alles in ihrem Kopf.

Wie war das dann mit Amerika?
Mein Lebensprinzip war immer, ich möchte nicht alt werden und sagen müssen, ich habe diesen und jenen Traum gehabt und mich nicht getraut es zu machen. Wer sich nicht traut, kann auch nicht gewinnen. Du kannst sagen, ich habs probiert und es hat nicht funktioniert, das ist okay!

Amerika war eben immer ein Traum von dir?
Ja, und ich wollte immer am Meer leben.

Heidi am Meer?
Ja genau! Eine Tante hat ein paar Leute gekannt, die da in Palm Beach lebten und dadurch hatte ich einige Adressen, kannte die Leute aber selbst nicht. Zusätzlich hatte ich von einer Freundin, die gerade nicht da war, eine Wohnung geborgt bekommen, aber nur für eine Woche.
Also bin ich am 8. Dezember dort angereist. Hab einen Zettel in der Wohnung gefunden „Welcome to Florida, … das das das und das darfst du NICHT machen … geh NICHT dort hin, mach NICHT das …“ Zwei Tage bin ich in meiner Wohnung gesessen und hab sie nicht verlassen, war verzweifelt. Am dritten Tag bin ich zu dem herrlichen Pool gegangen und hab den blauen Himmel und die warme Sonne gerochen und mir gedacht, so schlimm ist es ja auch wieder nicht.
Dann wollte ich mir ein Auto mieten und was zu essen kaufen, hatte aber keine Kreditkarte. Dort haben sie geglaubt, du bist so was wie ein Verbrecher, denn nur Verbrecher haben keine Kreditkarte. Also habe ich kein Auto gemietet und nur wenig Essen gekauft. Wäre ich nicht zu stolz gewesen, hätte ich nach zwei Tagen umgedreht um wieder zurückzukommen.
Die Gloria Hamilton war meine erste Adresse. Da habe ich angerufen und die hat nur gesagt: „Oh darling, it’s just before Christmas. Why don’t you call me in the new year ?“ Eigentlich dachte ich, sie wird sagen, „Darling come to us for Christmas and stay and I will try to help you …“
Ich hab nicht gewusst, wie ich anfangen soll. Was jetzt? Ich bin dann ins beste Blumengeschäft von Palm Beach gegangen, das hieß Old Town. Dort sprach ich mit Tom Mathieu, der sagte aber, dass sie niemand brauchen. Ich flehte ihn an: „Bitte schauen Sie sich wenigstens mein Portfolio an.“ Das hat er getan und ist immer stiller und stiller geworden, ist zu seinem Seniorpartner gegangen kam mit ihm zurück und ich hatte den Job!

VONsociety: Lilli Reutters Blumentaschen

Blumentaschen – eine von Lillis ausgefallenen Ideen © LvR

Was war passiert?
Mein Glück war, dass zwei Tage zuvor die Serie The Life Style of the Rich and Famous im TV gelaufen ist und da haben sie den Geburtstag vom Johannes Taxis gezeigt und ich hatte ja diese ganzen Bilder in meinem Portfolio. Ich zeigte ja eine ganz andere, neue Art Blumen zu dekorieren, diesen english style, der damals zumindest, dort auch noch nicht üblich war.
Dieses couple, es waren Gays, hat mir auch gleich ein Zimmer in ihrem Haus angeboten, wo ich endlich auch für länger wohnen konnte. Schnell bin ich in die geborgte Wohnung, hab meine Sachen geholt und bin – immmmmmediately – eingezogen.
Die haben auch während meiner ganzen Zeit da drüben echt für mich gesorgt, ich war ihr Küken. Den älteren der beiden habe ich Mami Regi genannt, weil er sich wirklich rührend um mich gekümmert hat. Dieses wahnsinnig nette couple hat mich immer am Abend mit ihrer Stretch-Limousine ausgeführt. Von einem Luxus Restaurant ins nächste und ich hab mich nach Leibeskräften vollgefressen. Tagsüber hatte ich ja wenig Zeit zum Essen. Das war für mich natürlich alles eine völlig fremde Welt und irrsinnig spannend. Dieses erste Jahr war echt eine absolute strange Zeit für mich.
Mami Regie ist dann leider an Drogen-Problemen gestorben, aber mit dem Tom Mathieu bin ich bis heute befreundet.

Und Donald Trump, den hast du ja auch gekannt?
Wir haben in Palm Beach auch sehr oft „Mar-A-Lago“ dekoriert, das riesige Haus von Donald Trump. Davor glaub ich, war es ein Vanderbilt-Besitz. Damals war er noch mit der Ivana verheiratet. Einmal hab ich dort für ein großes Dinner alles organisiert. Immer wieder stand da so eine Frau herum, offensichtlich die Putzfrau, allerdings eine nicht sehr fleißige, denn sie stand nur rum und schaute zu. ‚Arbeite auch mal was’, dachte ich mir, aber sie hat plötzlich gemeint, ich solle doch für ihr Zimmer noch was machen. ‚Unverschämt!’, dachte ich und sagte ganz schnippisch zu ihr: „Ja, ja wenn was übrig bleibt, dann lass ich’s da stehen. Sie können sich’s dann nehmen.“ Später, während des Festes, habe ich erst realisiert: Oh Gott, das war Donald Trumps Schwiegermutter!

Lilli Zitat 01Hat das irgendwelche Konsequenzen gehabt?
Nein, Gott sei Dank nicht.

War da nicht auch noch die Estée Lauder?
Auch für die Estée Lauder habe ich Dinners arrangiert und dann für den Ronald und die Jo Carole, die dann Botschafter hier in Wien waren. Die waren alle besonders nett. Auch die Hochzeit von einer der Töchter habe ich gemacht und natürlich etliche Feste von ihnen.
Dann gab’s einen Mr. Perelman und der hatte in Palm Beach eines der schönsten alten Häuser. Er war der Besitzer von Revlon. Der hatte einen Spleen mit Blue Jeans. Sein dressing room war wirklich riesig und ganz hoch und wie in einem Bücherregal eine ganze Wand von oben bis unten nur mit Blue Jeans gefüllt. Von oben bis unten eine Reihe blaue Pullover, eine Reihe graue usw. sonst fast nix …

War das alles nicht auch in der Zeit des ganzen Waldheim Skandals, hast du da keine Probleme gehabt?
Naja, einmal hatte ich da schon ein Erlebnis. Es gab einen jüdischen Club und einen nicht jüdischen Club. Als ich beim jüdischen dann einmal eine große Bar-Mitzwa Feier organisiert habe, hat mich einer gefragt, wo ich denn herkomme, und wie ich gemeint habe, aus Österreich, hat er gesagt „… now they let every shit in this country“.
Also, die durchaus berechtigte Wut war schon sehr präsent. Und was wirklich erschütternd war: beim nichtjüdischen Club stand tatsächlich „No Jewish, no Black.“

Du bist doch dann auch sehr schnell selbstständig geworden?
Ja, ich hab mit einem Partner viel in N.Y. gearbeitet. In tollen Häusern in der Park Avenue. Da gibt es schon beeindruckende Häuser und Wohnungen. Sehr grand!! New Port ist natürlich auch sehr schön.
Viele, die im Winter ein Haus gehabt haben in New Port, haben für den Sommer eine Residenz in Palm Beach besessen. Palm Beach hat sich allerdings sehr geändert. Als ich damals hingekommen bin, hatten die alten Familien, wie die Vanderbilts, die Familie der Alexandra Phipps, später Seilern, auch die Kennedys, ihre Häuser dort. Das waren wirklich schöne Mansions. Palm Beach, die Insel, da war ja alles wie eine große Familie. Und es war überall open house, wir als Junge sind von Haus zu Haus damals, haben da Tennis gespielt, sind wo anders am Pool gesessen, hatten wieder wo anders eine Party … das war schon eine gute Zeit! Es hat sich aber dann viel verändert. Nachdem doch viele Neureiche hingekommen sind … ich hab das ja 23 Jahre lang erlebt.

Inwiefern hat sich Palm Beach verändert?
Viele der alten Familien sind abgewandert nach Hobe Sound. Das ist etwas nördlicher von Palm Beach. Dort haben sie dann wieder so eine Community aufgebaut, weil sie dieses neureiche Gehabe à la Trump nicht wollten.
Es ist auch sehr jung geworden. Die ganzen New Yorker haben gemerkt wie angenehm es ist, da unten zu leben. Mit dem Computer kannst du ja fast jeden Beruf auch von dort aus erledigen.
Leider haben sie auch viele von den alten Häusern niedergerissen und protzige neue gebaut. Das war schon sehr traurig. Interessant ist auch, dass viele Sachen, die die Amerikaner weitgehend bereits als Irrtum erkannt haben, von den Europäern heute noch kopiert werden. Die ganzen Stadtkerne in Amerika sind gestorben durch diese Shopping Cities an der Peripherie, diese Shopping Malls. Das Stadtzentrum im West Palm Beach war tot.
Eine Gruppe von meinen Freunden und ich, wir versuchten dieses Down Town West Palm Beach zum Leben zu erwecken. Wir suchten uns Clematis Street aus und haben „Clematis Street at Night“ organisiert. Immer am Donnerstag Abend. Da sind wir gesessen mit Kühlboxen und Bier, Wein und Dings … und Musikgeräten, und haben Party gemacht … „Clematis Street at Night.“

Lilli Zitat 06Und das hat den toten Stadtkern zum Leben erweckt, das kann ja wohl nicht sein?
Im ersten Jahr wurde die Gruppe immer größer: zuerst waren wir 20 bis 30, am nächsten Donnerstag waren es dann schon 50, nach einem halben Jahr waren ein Restaurant und eine Bar da, am Ende des Jahres gab es schon 3 Restaurants. Dann hat es Flutsch gemacht, wie bei einem Feuer das du ganz klein anheizt und dann plötzlich lodert es.
Im Laufe von 10 Jahren ist das eine echt florierende Gegend geworden. Toll!! Wenn du heute hingehst, kannst du dir gar nicht mehr vorstellen, dass das jemals tot war, aber so tot, dass du nicht hingegangen bist weil es gefährlich war. Es war auch faszinierend zu sehen, dass man das so machen kann.
Damals vor zehn Jahren, als ich aus Amerika weggegangen bin, haben sie drüben mehr und mehr versucht Stadtkerne zu retten und sie ändern bereits auch wieder ihre ganze Bauphilosophie. Nur hier kopieren sie brav alle schon veralteten Fehler von drüben.

Glaubst du wäre es auch hier möglich, in dieser Form Eigeninitiative zu ergreifen?
Leider, in der momentanen Situation nicht. Weil alles auf so eine lebensfeindliche Art reguliert ist. Was sie hier jetzt treiben ist der Tod von allem. Du kannst nicht jegliche Möglichkeit, dass jemandem etwas passieren könnte ausschalten.
Wie die Flammenhöhe der Weihnachtskerzen zu regulieren und draufzuschreiben, „…dass Feuer gefährlich sein kann und sogar einen Brand auslösen kann…“. Das haben wir letztes Jahr vor Weihnachten hier gehabt.
Man nimmt den Menschen auch jede Entwicklungsmöglichkeit zur Eigenverantwortung … will man uns auf den Entwicklungsstand von Kleinkindern reduzieren? Das Ergebnis kann nur die weitgehende Kontrolle des Staates sein, und wohin DAS führt haben wir ja in der Geschichte oft genug gesehen … So wird unsere Freiheit einfach an die Wand gefahren!

Du hast den Pilotenschein gemacht und bist auch geflogen?
Ja, da hat mich mein damaliger Flirt, der Johannes Schwarzenberg dazu überredet. Er hat gefunden, ich werde das lieben und muss auch den Pilotenschein machen.
Wir sind damals sehr viel mit seinem Flugzeug herumgeflogen, aber ich hab immer gefunden, Pilot das ist nix für eine Frau, das ist so unweiblich – ich flieg sehr gern mit, aber nicht selber. Er hat mich aber dazu überredet, es zu probieren. Nach meiner ersten Stunde war ich bereits süchtig und wollte das gleich richtig lernen: mit Lehrer und Flugstunden. Ich hab meinen „Privat Pilot“ Flugschein! Eigentlich wollte ich auch twin-engine machen, mein Lehrer war aber sehr streng und hat gesagt, „nicht wenn Du nicht ständig fliegst“.

Gab es auch irgendwelche „hollywood celebreties“, mit denen du zu tun gehabt hast?
Einmal hab ich einen Event gemacht für die Liz Taylor, ein Dinner. Sie wollte das alles im Freien haben und meinte, „um diese Jahreszeit regnet es eh NIiiE“. Alles war schön hergerichtet und plötzlich Flusch …. dann rette mal …!!!

Was hast du gemacht, wie hast du die Liz Taylor gerettet?
Ihre Frisur konnte ich leider nicht retten, die ist schon nass geworden. Dieser Guss kam ja wirklich aus dem Nichts. Wir haben halt improvisiert, Stehparty im Haus … aber ich hab damals gelernt, mich auf nichts zu verlassen und immer einen Plan B zu haben. Sollen mir die Leute sagen was sie wollen …

Wie hast du die Elizabeth Taylor erlebt?
Sie sah immer noch gut aus, war aber auch schon älter … persönlich hab ich mit ihr nicht so viel zu tun gehabt. Sie war nett, von ihren legendären Temperamentsausbrüchen habe ich nichts erlebt.

VONsociety: Lilli Reutter, Luton Hoo

Luton Hoo – der Besitz wurde zum Luxushotel © Luton Hoo Hotel

Von Hollywood zu Windsor, wie war das mit der Queen?
In England war ich einmal bei Freunden einige Tage eingeladen. Die hatten einen sehr schönen Besitz in Bedfordshire, Luton Hoo hieß der, und da sind immer wieder die Queen und Prinz Philipp gekommen.
Die Queen ist natürlich mit ihrem eigenen Polster, eigenem Wasser und, und, und angereist. Es war jedes Mal wieder eine gewisse Aufregung, dass ja alles in Ordnung ist! Louis Mountbatten lebte damals noch. Der war ein ganz toller Mann! Sie sind zu dritt angekommen, Prinz Philipp, die Queen und der Mountbatten. Meine Freundin sagte mir: „Wir werden dich vorstellen, und das geht so … wenn sie in den Salon kommt, machst du ihr bei der Tür ein curtsy und du gibst ihr NICHT die Hand!“

Lilli Zitat 02
Also voller Salon, es hat geheißen, jetzt kommt sie und ich hab brav bei der Tür meinen Hofknicks gemacht, bin wartend verharrt. Gleich sehe ich ihre Beine, dachte ich. Da kamen aber keine Beine … Ich blicke auf, alle sehen an mir vorbei und hinter mich. Ich drehe vorsichtig den Kopf: Da steht die Queen und betrachtet erstaunt meine Rückseite. Prinz Philipp und Louis Mountbatten konnten sich einen Grinser nicht verkneifen.
Ich erhebe mich, halbe Drehung, und noch einmal das Ganze … und dann wollte sie mir die Hand geben und die Lucy hat ja gesagt, ich darf ihr NICHT die Hand geben … dann bin ich mit der Hand doch wieder hin und wieder weg und wieder hin … die Lucy hat mich mit einem entsetzten Blick angestarrt, aber die Queen hat gelacht. Sie war generell ganz locker, auch ihr ganzer Humor … sie hat Witze erzählt, die man ihr SO gar nicht zugetraut hätte und ist überhaupt unkompliziert gewesen.
Prinz Phillip ist sagenhaft schlagfertig! Und der Mountbatten war hinreißend!! So ein fescher, eleganter, wirklich „großer“ Herr und das Testosteron ist ihm ja fast schon bei den Ohren herausgerauscht … auch in dem Alter noch … zwei Jahre später wurde er dann umgebracht.

Felipe von Spanien, auch eine Geschichte Wert?
Den Felipe, damals noch Kronprinz, hab ich im Schlafrock erlebt. Bei einer Hochzeit in Deutschland hatte ich das Zimmer neben ihm. Die Body Guards sind zwar die ganze Nacht vor seinem Zimmer gesessen. Aber in den alten Häusern sind ja die Häusl’n und Badezimmer zwar am gleichen Stockwerk, aber nicht im Zimmer. So habe ich ihn dann immer wieder beim „gemeinsamen“ Auf’s-Häusl-gehen im Schlafrock getroffen. Er ist ein sehr charmanter aber relativ ruhiger Mensch und sieht fabelhaft gut aus.

Was machst du, wenn du zwei Aufträge, sagen wir, an einem Wochenende bekommst?
Manchmal ist es ja wirklich schwierig wenn man am gleichen Wochenende zwei Events organisieren soll. Ich hatte da einmal eine Hochzeit von der Philippa Sayn-Wittgenstein, eine Enkelin meiner Tante Mani gehabt. Das konnte ich nicht ablehnen.
Aber schon am nächsten Tag ein Essen von der Francesca Habsburg in Kroatien zum 10jährigen Jubiläum ihrer Art-Foundation. Das wollte ich auch nicht ablehnen.
Also, erst hab ich alles hergerichtet in Sayn, in Deutschland und dann sind wir geflogen mit Kisten voll Blumen, tausende von Rosen, um in Dubrovnik alles zu richten. Übrigens im Flieger vom Tom Mathieu, meinem ersten Arbeitgeber aus Palm Beach, mit dem ich ja heute noch eine dicke Freundschaft hab.
Natürlich war ich in größter Sorge, wie das mit dem Zoll werden wird. Zollfrei waren nur Gegenstände des persönlichen Bedarfs. Der Zöllner hat mich dann gefragt: „what’s that?“. Ich hab geantwortet: „Roses, and you can congratulate me, because I am getting married and it took me a long time anyway …“ Er hat mich nur angeschaut, „you are right, congratulation, have a lovely wedding“.
Das ist mir richtig eingegeben worden, ich rede auch immer mit meinem Schutzengel, anders ging’s gar nicht.

Und das Dinner von der Francesca?
Das war dann alles wahnsinnig schön! Es war auf der Burg, im Freien, nur mit Kerzen und Rosen. Beim Abendessen bin ich neben dem major von Dubrovnik gesessen. Der hat mir erzählt, „the only time I wept in my adults life, wie ich da draußen am Meer, auf einem Schiff, einen ganzen Tag verhandelt habe um den Frieden und dann zurück gekommen bin … I touched the walls of my city and I cried and I sayed to them ’I saved you.’“.
Ich hab wirklich Gänsehaut gehabt bei diesen Worten. Durch meine Arbeit hab ich schon sehr viele interessante Leute kennen gelernt. Auch weil mich meine Auftraggeber meistens auf Augenhöhe gesehen haben und so nett waren und mich dann doch auch meistens zu allem geladen haben.
Sehr oft ist man auch der Vermittler, Seelentröster, Psychologe, alles am besten in einem. Gerade bei Hochzeiten, der Mediator quasi zwischen den Eltern und der Braut …

Was machst du, wenn die Location einfach schwierig ist, wenn einfach nix geht?
Je schwieriger die Location desto mehr Freude macht es mir, weil die Herausforderung da ist. Es muss auch nicht immer alles teuer sein, mit einfachen Mitteln kann man oft die schönsten Sachen zaubern. Es kommt halt aufs Budget an.

Braucht es nicht eine fast übermenschliche Kraft und Energie, nächtelang durchzuarbeiten, vielleicht auch noch zwei Events fast auf einmal. Dann aber schön und charmant neben dem Bürgermeister von Dubrovnik zu sitzen?
Ich hab natürlich das große Glück gehabt einen Beruf zu wählen, der mir nach 36 Jahren immer noch große Freude macht. Deshalb hab ich auch immer und immer wieder die Energie Nächte lang zu arbeiten.

Lilli Zitat 03Warum hast du eigentlich nie geheiratet, an Gelegenheit hat’s doch sicher nicht gefehlt?
Ich war sicher zu viel unterwegs, ich glaub auch, dass ich viel zu stark bin für einen Mann. Für einen Mann wollte ich auch nie meinen Beruf aufgeben. Natürlich hab ich, wie alle Menschen, die große Liebe meines Lebens gehabt. Obwohl sie schon Jahrzehnte her ist, und sie ist es immer noch und das wird auch immer so bleiben. Es hat eben nicht sein sollen. War aber trotzdem für uns beide die große Liebe.

Warum bist du denn überhaupt nach Europa zurück?
Ganz zurück nach Europa bin ich, weil ich gewusst habe, einmal muss ich mich entscheiden für das eine oder für das andere. Für Europa hab ich mich entschieden, weil ich die Kultur brauche, in jeder Beziehung, ein schönes Gebäude, die Piazza … ich hab geträumt vom Dirndl, von der Lederhose. So sehr ich meine Zeit in Amerika geliebt habe, dort wäre ich letzten Endes nicht froh geworden.

Und dein wunderschöner Hof, den du hergerichtet hast?
Einmal hab ich einen Spaziergang hier in Kärnten gemacht und diesen Hof gesehen und gewusst, das ist es! Ich hatte aber überhaupt nicht das Geld ihn zu kaufen und herzurichten. Völlig sinnlos hab ich angefangen nachzufragen, ob das Ganze zu verkaufen ist und was es kostet.
Dann ging es meiner Tante in England immer schlechter und sie hat mir gesagt, dass sie mich als Erbin eingesetzt hat. So war das Geld dafür plötzlich da und sie entschied sich noch von England nach Österreich zu übersiedeln. Das Haus war da und auch schon fertig und sie hat wenigstens noch ein halbes Jahr hier gelebt.

Dein großartiger Rosengarten …
Die Natur ist mir das Wichtigste! Wenn ich im Garten gearbeitet habe, setze ich mich am Abend hin, mit einem Glas Rotwein und einem Käse, zu einem prachtvollen Sonnenuntergang. Was willst Du mehr?

VONsociety: Lilli Reutters Bauernhof in Klein St. Veit

Der alte Bauernhof in Klein St. Veit wurde von Lilli von Reutter liebevoll renoviert © Schlossseiten

Du hast das ganze ja nicht nur herrichten lassen, sondern selber richtig mitgearbeitet.
Ich hab auch einen Gemüsegarten, man muss den Menschen klar machen, dass wir mehr auf die Natur achten müssen, mehr mit der Natur leben müssen. Alle Freude beziehen wir ja aus der Natur und nicht aus dem ganzen materiellen Quatsch. Das größte Glück kriegst du aus der Betrachtung eines Sonnenuntergangs, aus dem Tau auf der Wiese, von zwitschernden Vögeln … da kriegt deine Seele den größten Frieden, die größte Freude!

VONsociety: Lilli Reutter Fest der Sinne in Klein St. Veit

Feest der Sinne in Klein St. Veit © LvR

Das Fest der Sinne, das du einmal im Jahr machst, das klingt ein bisserl nach Opiumhöhle?
Nein, nein!!! Ich wollte eben diese Freude am Schönen mit anderen Menschen teilen. Nach den Festen hier – auch nach Jugendfesten – kommen die Leute und sagen, „danke, es war so schön, das hat meiner Seele so gut getan!“ Und dieses „es war so schön“, dieses Gefühl möchte ich so gerne mehr Menschen nahe bringen. Das ist für mich die größte Belohnung. Das hat mich eigentlich zum Fest der Sinne inspiriert. Es hat mir so eine Freude gemacht, wie ich einmal einen Besucher zufällig bei einem Vortrag getroffen habe und er mir sagte, „ich komme jedes Jahr zu Ihnen. Ich sag immer zu meiner Frau‚ ,gehen wir wieder hin, die Seele baumeln lassen’“.
Das ist genau das, was ich erzeugen möchte, dass sich die Seele erholen und ein bisserl Kraft schöpfen kann.

Man wandert ja wirklich durch, wie durch einen Märchenwald. Hast du als kleines Mädchen eine Vorstellung gehabt, was du einmal werden möchtest?
Ich hab mir eigentlich gedacht, ich werde eine Mutter mit sehr vielen Kindern werden. Mein Leben hab ich mir wirklich GANZ anders vorgestellt. Aber ich bin nicht unzufrieden!

Das schönste Erlebnis in deinem Leben?
Flugerlebnisse, dieses Gefühl der Freiheit, verbunden mit der Natur war schon sehr beeindruckend. Die Aufregung es zu können. In New York über dem Hudson River im Tiefflug drüber zu fliegen, ganz niedrig an der Freiheitsstatue vorbei. Oder island hopping auf den Bahamas mit dem Johannes Schwarzenberg. Auf der einen Insel sind wir Mittagessen gegangen, auf der nächsten Schwimmen.

Deine größte Angst?
Meine größte Angst war es immer, alt zu sein und sagen zu müssen, ich hab mich nicht getraut! Ich bin sogar jemand der sagt, ich würde mich noch sehr gern in die Politik involvieren.

Ja, warum nicht?
Ich finde es schrecklich, dass die Menschen sagen, „es ist halt so …“ Es regt mich maßlos auf, dass unsere Demokratie und Freiheit von den so demokratischen Parteien oft so ignoriert wird. Wenn das nur die linken Parteien wären, würde man ja nix sagen, aber auch unsere Parteien der Mitte, was die an Regeln und Verordnungen aufstellen, das ist ein Hohn unserer Freiheit gegenüber. Gesetze machen oder Gesetzen zustimmen, die so menschenwidrig sind und Menschen jede Eigenverantwortung abräumen … come on … das ist ja krank!

Was bedeutet das Alter für dich?
Wichtig find ich, dass man sich auch im Alter noch selbst kritisch sieht, sonst improved man ja auch nicht mehr …. also, improve!

Newsletter anmelden


NEWSLETTER ANMELDUNG