CLARE MILFORD HAVEN
Clare Mountbatten Marchioness of Milford Haven kam für VON zu einem exklusiven Fotoshooting nach Wien. Die englische Aristokratin ist begeisterte Polospielerin, humorvoll, attraktiv, Mitglied des englischen Hochadels und vollkommen unprätentiös. Vom Schicksal hart getroffen – ihr ältester Sohn beging mit 21 Jahren Selbstmord – lässt sie sich nicht unterkriegen und versucht der Tragödie einen Sinn zu geben.
Ich nutze das gemeinsame Dinner am Vorabend unseres Fotoshootings, um mehr über diese bemerkenswerte Frau zu erfahren.
Ihre Begeisterung für Polo entdeckte die Pferdeliebhaberin vor knapp 20 Jahren in Ghana: „In der Minute, als ich zum ersten Mal auf einem Polo Pony saß und den Ball berührte, war mir bewusst, dass ich diesen Sport erlernen wollte! Um ehrlich zu sein, hätte ich nie gedacht, dass Polo ein Sport für Frauen ist, doch je öfter ich spielte, desto besser gefiel es mir und ich wollte mich verbessern.“ So richtig damit angefangen hat die ehrgeizige Blondine, die Sportarten liebt, die mit Geschwindigkeit verbunden sind, die eine exzellente Schifahrerin ist und ihre ersten Schwünge in Zürs am Arlberg erlernte, „erst 1999, als ich in den Cowdray Park Club eintrat“.
Seit mehr als 10 Jahren trägt Clare Milford Haven nun die Farben von Jaeger-LeCoultre. „Ich kam 2003 zum ersten Mal mit Jaeger-LeCoultre in Kontakt. Damals wandte ich mich an sie, um ihnen eine Sponsoring Partnerschaft im Polo vorzuschlagen und aß mit dem Markenmanager Patrick Boutellier zu Mittag. Wir verstanden uns auf Anhieb – er war ganz angetan von der Idee. Wir haben damals sehr klein angefangen. Ich trug Polo-Shirts mit dem Logo und bekam ein Taschengeld.“
Tatsächlich ist Clare Milford Haven „the original polo ambassador“ . Sie war es auch, die Adolfo Cambiaso zu der Marke brachte. Das war 2006. Clare organisierte ein Charity Turnier, es fehlt noch ein Team Sponsor und jemand kam auf die Idee, dass man ja Jaeger-LeCoultre fragen könnte. „Ich sagte damals: die bekommen wir nur, wenn wir den weltbesten Spieler bringen!“, erinnert sich die smarte Britin. „Also fragten wir Adolfo, der seit seinem 17. Lebensjahr das höchste Handicap 10+ hat. Ich habe ihn Patrick Boutellier vorgestellt und der war mehr als begeistert. Er sagte nur ’wow, den müssen wir unter Vertrag nehmen’. Und ich dachte, na super, was habe ich hier angezettelt. Das war’s dann wohl mit meinem Sponsoring!”, erzählt sie lachend. Aber weit gefehlt! Bei Jaeger-LeCoultre zeigte man sich absolut dankbar ob der Kontaktaufnahme. „Mein Sponsorship wurde verdreifacht und sie sagten mir, ich sei großartig für die Marke und wollten, dass ich mich noch mehr engagiere. Und das tue ich wirklich gerne, denn ich bin sehr stolz darauf, Botschafterin einer Manufaktur zu sein, deren Werte sich mit meinen decken.“
Durch die Verbindung mit der attraktiven Polospielerin und Adolfo Cambiaso legte man den Fokus im Marketing auch auf die Reverso und ihren Ursprung (Anm. d. Red.: 1931 wird das Wendegehäuse als Antwort auf die Herausforderung britischer Offiziere, die in Indien stationiert sind, erfunden: Eine elegante Armbanduhr, die der Wucht etwaiger Stöße beim Polospiel standhalten kann. Die Reverso ist schon bald mehr als eine Sportuhr, wird rasch zum Art déco-Klassiker und zählt heute zu den Ikonen der Uhrmacherkunst).
„Im Lauf der Jahre sind echte Freundschaften entstanden, wir sind eine große Familie geworden – das Jaeger-LeCoultre Team hat mich auch in meiner schwersten Zeit sehr unterstützt, mich nach der Tragödie motiviert wieder zu spielen, aktiv zu werden, mich sozusagen zurück geholt!“
Vor acht Jahren gab ein Schicksalsschlag Clare Milford Havens Leben, „das damals eigentlich sehr oberflächlich war, es bestand aus Polo und Party, denn als Society Journalistin für das Tatler Magazine war ich ständig unterwegs …“, eine dramatische Wendung.
Ihr ältester Sohn James beging mit 21 Jahren Selbstmord. Der junge Mann – begeisterter Sportler, ambitionierter Polospieler, gutaussehend, charmant, mit einer viel versprechenden Zukunft vor Augen – bekam nach einer harmlosen, erfolgreich verlaufenen Operation Angstzustände und Depressionen.
„James war nach der OP wieder auf die Uni zurückgekehrt, erkannte, dass er selbstmordgefährdet war, suchte Hilfe. Man nahm das nicht wirklich ernst, schickte ihn in die Notfallambulanz. Für jemand der sich in einer emotionalen Krise befindet, ist dieser Ort wohl nicht der richtige. Er ging nach einer halben Stunde. Zwei Tage später war James tot.“ Clares Stimme klingt rau, als sie weiter spricht, „die größte Tragödie für mich ist, dass James Hilfe suchte, ihm aber niemand half. Dass niemand MICH angerufen hat! Ein Kind zu verlieren ist grauenhaft, das Schlimmste, das einem passieren kann. Ich wollte nach James’ Selbstmord nicht aufstehen, mir die Zähne putzen, mich anziehen, wäre am liebsten mit einer Flasche Wodka im Bett geblieben. Aber ich hatte ja noch die beiden anderen Kinder. Weihnachten stand vor der Tür. Also musste ich mich aufraffen!“
Jemand schenkte Clare ein Buch von Viktor Frankl, in dem er über sein Leiden im KZ und seinen Umgang mit dem Leid schreibt. „Dieses Buch war mir eine große Inspiration! Denn es geht darum, dass man immer eine Wahl hat, dem unfassbaren Leid auch etwas Positives abzugewinnen, der Tragödie einen Sinn zu geben.“
Gemeinsam mit James Vater, Clares Ex-Mann Nick Wentworth- Stanley, gründete sie The James Wentworth-Stanley Memorial Fund, dessen Aufgabe es ist, Bewusstsein zu schaffen (Anm.d.Red.: in Großbritannien ist die Selbstmordrate bei jungen Männern zwischen 15-35 Jahren am höchsten). Wichtig ist den Eltern von James, mentalen Erkrankungen und Selbstmord das Stigma zu nehmen, Eltern, Lehrern und Freunden Betroffener zu helfen, die Zeichen und Symptome von Depression und Angstzuständen zu erkennen. Schulen und Universitäten sollten der Gefahr von Depression einen gleichen Stellenwert geben, wie dem Kampf gegen Drogen. „Selbstmord ist verhinderbar, Selbstmord ist nicht unvermeidlich, Selbstmord ist eine permanente Lösung für ein vorübergehendes Problem. Ich möchte so viel wie möglich tun, um darauf aufmerksam zu machen!“
Clare Milford Haven will als nächsten Schritt mit dem Fund Orte schaffen, an denen Menschen, die sich in einer emotionalen Krise befinden, Beratung erhalten. „James’ Place“ sollen die Zentren heißen – das macht Sinn! Die beeindruckende Britin arbeitet auch an einem Buch, das sich mit dem Selbstmord von James beschäftigt, mit dem Effekt den sein Tod auf die Familie hatte und natürlich auf Clare selbst – es ist ein Buch über ihre Reise durch diesen Albtraum. „Sehr oft“, gesteht sie, „spreche ich mit James. Vor allem dann, wenn ich mit etwas Schwierigem zu kämpfen habe. Dann sage ich: ’James, was soll ich tun? Verdammt, hilf mir’!“
„Das Leiden ist unvermeidlich und wird niemals enden, aber es hat für mich nun einen Sinn bekommen,“ meint Clare. „Es bringt eine gewisse Klarheit in Bezug auf das was man wirklich will – mein Leben hat jede Oberflächlichkeit verloren, es hat jetzt eine ganz andere Richtung genommen.“